Kaum aus der Bahn ausgestiegen, ergriff mich, wie schon so oft davor bei meinen Exkursen, ein für mich komplett neuer Geruch. Die Luft am Bahnhof war beißend, feucht und süßlich. Ich schaute mich um, alles erschien mir wie im Traum. Die Bäume erstrahlten in unersättlichem grün, Blätter so groß wie Wagenräder, benetzt von einem dünnen Wasserschleier, bewohnt von winzigen Kreaturen, beachtet von niemandem. Niemand bleibt stehen, um die unberührte Natur zu bewundern. Es gedeihen Früchte, dessen Farben ich noch nie zuvor gesehen habe, dessen Geschmäcker und Gerüche unbeschreiblich sind. Es scheint, als ob die Natur mit der Menschheit verschmilzt, die Grenze zwischen Baum und Tier verschwimmt. Wenn ich nicht so klar und deutlich an die anstrengende Reise zurückdenken könnte, so würde ich denken das alles hier ist meiner bloßen Fantasie entsprungen.
Antonia Tippow, 7a
Ferdinand von Saars Revolver mit dem er sich am 24. Juli 1906 selbst das Leben nahm.
23. Juli 1906
Liebste Frau Mama,
lebe wohl. Sobald du meinen Brief liest, werde ich nicht mehr in dieser Welt weilen.
Ich gehe und ich werde nie mehr wiederkommen. Mir ist ungewiss ob du um mich klagen und weinen wirst doch schon morgen soll´s mir gleich sein. Vater wird sicherlich nicht wohl gestimmt sein, wenn er hört sein missratener Sohn habe die Schande des Suizids begangen. Schimpfen und schreien und brüllen und wüten wird der Herr Papa.
Doch trauern wird er nicht.
Und du wirst es ihm gleichtuen, denn nur Gott selbst weiß ob ich mich überhaupt noch euren Sohn nennen darf. Ihr seid enttäuscht von mir, eurem einzigen Erben, euren einzigen Sohn.
Doch ich werde mich weiterhin weigern meine Liebschaften zu leugnen. Soll das gemeine Volk mich doch für die unsittliche Nähe zum gleichen Geschlecht ächten, soll die Kirche mich doch im Namen Gottes zur Hölle wünschen. Doch Gott selbst kann mir nicht die schönsten Liebschaften entreißen, jedenfalls jetzt nicht mehr. Ich lache über ihn, ich verspotte ihn, spucke ihm ins Gesicht, denn nun liegt mein Leben nicht mehr in seiner Hand, sondern am Abzug meines treuen Revolvers, der nicht anklagt, nur richtet, der nicht verspottet, nur still daliegt, der nicht vertreibt, nur erlöst.
Und mich wird er auch erlösen: von eurem Hohn, eurem Spott, eurem Hass.
Drum sage ich dir Mutter: Lebe wohl!
Und weine nicht, deine schändlichen Tränen sind meiner nicht würdig.
Dein Ferdinand
Luisa Schwarz 7a
Beschreibung eines Raumes des Literaturmuseums, inspiriert durch Adalbert Stifter
Der Boden ist ein wenig uneben. Alt und hölzern. Wenn man geht, knarrt er ein wenig. An den Wänden lehnen große Regale. Regale soweit das Auge reicht. Sie bilden Durchgänge, sie säumen den Weg. So viele Regale aber kaum Bücher. Anstelle von Büchern sind schwarze Boxen in die Zwischenräume gequetscht worden. Die Kisten sind überall, von unten nach oben, von links nach rechts. Auf den Regalen sind Scheinwerfer montiert. Sie wirken wie Krähen die hungrig auf die ausgestellten Stücke herabblicken. Einer starrt mich direkt an. Das Licht blendet unangenehm in meinen Augen, aber es gilt gar nicht mir, sondern dem Ausstellungsstück hinter mir. Es ist ein Manuskript eines Theaterstücks. Vergilbtes Papier hinter dickem Glas. Irgendwo vor mir ist ein Lautsprecher versteckt. Die Geräusche, die aus ihm dringen, begleiten die Aufnahmen auf einem kleinen Bildschirm. Einmal ein singender Mann in Schwarz-Weiß, dann wieder moderne Musik. Direkt vor daneben steht vor einem abgedunkelten Fenster ein Hocker. Auf dem Hocker sitzt ein Mädchen. Sie zeichnet etwas, dann schaut sie auf zu einem alten Foto. Wieder ein Strich. Aus einem Durchgang links neben ihr dringt ein Gespräch. Ich höre nur Gesprächsfetzen, da eine tiefe Stimme, da ein Lachen. Auf einmal ist es still.
Tino Müller, 7a
Mein Text ist angelehnt an ein Bild von Julius Zuber namens “Zigeunerfamilie aus Wulewa”, welches ich im Literaturmuseum gesehen habe. Sofort sprach mich die Frau, die auf dem Bild rechts zu sehen ist an, ihr Blick ist war es wohl, der mich im ersten Moment erfasste und nicht mehr los ließ. In ihren Augen lag etwas Mysteriöses, Weises aber auch ein gewisser Grad an Ernsthaftigkeit und Härte. Mir war sofort klar, dass ich diesen Text über sie schreiben muss.
Da streicht sie nun wieder um die Häuserecken. Schleierhaft, in ihrem langen leinenen Kleid, die Flecken und Risse verleihen ihrer Gestalt etwas Verruchtes, die langen pechschwarzen Haare sträuben sich ihrem Kopftuch, fallen ihr bei der Arbeit über die Schultern. Der schwere Silberschmuck rasselt leise und hell mit jedem Schritt, den sie tut.
Sie sieht so anders aus als alles andere in dieser Stadt und doch verschmilzt sie mit ihrer Umgebung, sie fällt nur auf, wenn sie es will, wenn es zu ihrem Vorteil ist. Mit flinker Gewandtheit weiß sie ihre Holzfiguren, Silberschmuck und Kartenkunst zu verkaufen.
Sie ist nie zu lange an einem Ort, stört niemanden, doch ist sie klare Außenseiterin.
Ihr Aussehen, ihr Metier formen sie zu einer sonderbaren Figur. Die Menschen fürchten sie nicht, doch einer Schwarzkünstlerin traut keiner. Geschichten werden erzählt über ihre hellgrünen Augen, die einen gefährlich und zauberhaft zugleich anfunkeln, aus dem von Sonne und dem Straßenleben dunkel und tiefgezeichneten Gesicht. Man flüstert über ihre Zauberkünste hinter vorgehaltener Hand.
Dass ihre wahre Kunst, ihre magische Kraft nicht im Kartenlesen ruht, vermutet niemand.
Keiner weiß von ihrer Familie, ihren vielen kleinen Kindern und dem faulen Mann, die es zu ernähren gilt. Mit den Nichtigkeiten die ihr bleiben, zaubert sie Essen für ihre Kinder.
Aus bodenlosen magischen Brunnen scheint sie immer und immer wieder Energie zu schöpfen, aufzustehen, weiter zu ziehen, aus dem Wenigen, das ihr bleibt möglichst viel zu gewinnen. Man sieht ihr die langen, schweren Jahre auf der Straße an, doch sie machten sie stark, trieben ihr Härte ein. In ihrem Leben hatte sie schon so viele Rückschläge wegstecken müssen. Ihre Kinder sind es, die ihr Mut schenken, Kraft und Wärme mitgeben, die sie in dieser eisernen Stadt vor den gnadenlos kalten Winden, die ihr aus dieser ihr fremden Gesellschaft entgegenwehen, schützt.
Andrea Wyss 7a
Brief eines Soldaten an der Front
Verehrter Vater!
Liebste Mutter!
Eine Woche sind wir schon an der Front und wir haben Land gewonnen. Den ganzen Tag hört man nur Schüsse. An diesem Krieg gibt es Ruhm zu gewinnen. Hier an der Front habe ich allen Glauben, dass unsere Feinde der wahre Gegner sind. Das einzige, an das ich noch glaube ist der Krieg.
Nur die Gegner in den feindlichen Schützengräben verdienen zu sterben. Jedes Mal, wenn einer unserer Kameraden fällt wird es einsamer. Die Monster sind die anderen Soldaten, die in den Schützengräben verrecken. Es gibt überhaupt nur den Krieg.
Euer Sohn
Hintergrund/Idee für den Text
Als Idee für den Text diente ein Foto zweier Soldaten in einem Schützengraben im zweiten Weltkrieg, das Bild vermittelt den Eindruck als ob alles ok wäre, obwohl man deutlich die Furcht in den Augen der Soldaten sehen kann. Außerdem sprach unsere Führerin mehrfach über Zensur von verschiedenen Texten in verschiedenen Epochen. Besonders in Kriegszeiten spielte Zensur zusammen mit Propaganda eine wichtige Rolle. Viele Soldaten schrieben Briefe an Familie, doch ein Großteil dieser Briefe wurde von den Zensurbehörden stark gekürzt, nur in Ausnahmefällen schafften es Briefe durch die Zensur ohne, dass deren Inhalt komplett verändert wurde.
Ich habe mich versucht in die Situation eines Soldaten zu versetzen und habe versucht in Worte zu fassen was viele Soldaten vermutlich versucht haben ihren Angehörigen mitzuteilen. danach habe ich denselben Text so gekürzt, dass der Inhalt ganz anders ist obwohl nur einige Teile herausgestrichen wurden.
Anna Reinthaler, 7a


